The Meyer
Typische Sopranbewegung:
1 – 7 | 4 – 3
Die Bassbewegung:
1 – 2 | 7 – 1
Häufigkeit:
Kommt vor allem bei geschlossenen thematischen Abschnitten vor.
Im Grossen gesehen nimmt dieses Satzmodell eine periodische Form an:
Vordersatz (harmonische Öffnung) | Nachsatz (harmonische Schliessung)
I – V | V — I
Satztechnisches und Harmonisches:
Im Meyer Satzmodell verlaufen die Aussenstimmen in Gegenbewegung. Im ersten Schritt verlassen sie die Tonika und gehen auf die Dominante und in der zweiten Hälfte setzen sie bei der Dominante neu an und lösen sich wieder in Gegenbewegung auf. Von der harmonischen Öffnung und Schliessung ergibt sich eine Periode, welche sehr abgegrenzt wirkt und dadurch eine thematische Qualität besitzt. Diese Abgrenzung bezieht sich aber nur auf die Thematik der Musik und nicht auf den weiterführenden Fluss. Dafür sind die Klauseln in den Aussenstimmen bei der Auflösung zurück in die Tonika verantwortlich. Der Sopran bewegt sich von 4 zu 3 (Altklausel), wobei der Bass sich von 7 zu 1 (Tenorklausel) bewegt. Wegen der schwachen Kadenzwirkung der Tenorklausel und wegen der unvollkommenen Wirkung des Terztons am Schluss in der Oberstimme entsteht kein grosser Einschnitt in der Musik. Es entsteht die Wirkung von einem Absatz oder einem Schluss einer Phrase und nicht einer entgültigen Kadenz. Diese Wirkung kann weiterhin verstärkt werden durch Vorhalte auf dem 2. und 4. Basston in der Folge.
Literaturbeispiele
Mozart KV 283 1. Satz
Das Stück ist leider nur direkt auf youtube verfügbar
In dieser Klaviersonate von Mozart findet man gleich zu Beginn eine Phrase aus vier Takten. Dieser ersten Phrase liegt das Meyer Satzmodell zugrunde. In der Unterstimme gibt es eine durchlaufende Begleitfigur, welches die Gestaltung eines Alberti Basses annimmt. Jeweils die Anfangstöne und zugleich tiefsten Töne der gebrochenen Akkorde sind die typischen Basstöne beim Meyer. In der Oberstimme gibt es zwei Figuren getrennt von einer Viertelpause. Die charakteristischen Töne des Meyers sind jeweils in den zwei Figuren zu finden, welche als Antwort die punktierten Motive folgen. Dies hat zur Folge, dass im Sopran erst verspätet, im Vergleich zum Bass, mit den typischen melodischen Bewegung zu hören sind. Harmonisch gesehen weicht dieser Ausschnitt von Mozart nur an einem kleinen Punkt ab. Der Sextakkord im zweiten Takt wird hier zu einer V-Stufe in Terzquartstellung ergänzt.
Mozart nutzt hier die geschlossene und starke Wirkung des Meyers um ein „Anfangsaussage" zu machen und in das Stück einzuführen. Auf diese 4 Takte kommt er im Verlaufe des Stückes nicht mehr zurück. Er verwendet es aber als Ausgangspunkt für die thematische Gestaltung, die nachher folgt. Durch die Abspaltung und Verschränkung der Meyerphrase mit Takt 5 gelingt es ihm gleichzeitig klares Phrasenende zu setzen und eine nahtlose Fortsetzung anzuhängen. Gleichzeitig führt seine dramaturgische Gestaltung zu einer unsymmetrischen Form von 10 (4+6) + 6 Takten. Dies stört überhaupt nicht, da die 4 Takte des Meyers in sich gut zusammengehalten sind, da der Übergang zu Takt 5 mühelos und logisch erscheint und da sich die 6+6 Takte zueinander symmetrisch anhören.
Haydn Hob XX:1 Die sieben letzten Worte unseres Erlösers - Einführung
Das Stück ist leider nur direkt auf youtube verfügbar
Das Beispiel von Haydn steht in D-Moll. Die zwei Anfangstakte eröffnen das Stück und besitzen eine sehr deutliche thematischen Abgrenzung. Diese Geschlossenheit dieser 2 Takte wird durch die ausnotierte Viertelzäsur nach jeweils dem Vorder- und Nachsatz verstärkt. Das Satzmodell ist in einem Sandwich zwischen der ersten Note auf dem ersten Schlag und dem nachschlagenden Achtel auf 3+. Der Meyer wird dabei getrennt durch einen grösseren Sprung in den Aussenstimmen. Der erste Sprung hört man nach meinem Empfinden als separate Stimme, wobei er nachschlagende Achtel als Abphrasierung klingt.
Harmonisch gibt es zwei kleine Aspekte, die herausstechen. Erstens die Grundstellung der Dominante im zweiten Takt. Jedoch wie schon gesagt, höre ich dieses A auf dem ersten Schlag als getrennt vom Rest des Taktes. Nichtsdestrotz ist die verzögerte Bassklausel hörbar und verstärkt dadurch die Geschlossenheit dieser zwei Takte. Das zweite spezielle Merkmal ist der zweifach verminderte Septakkord auf dem 3. Schlag vom ersten Takt. Es ist grundsätzlich nur eine Verstärkung des Sextakkordes im Idealfall.\ Zudem da die 1. und 3. Note vom Meyer unbetont sind und auf eine betonte sich bewegen, gibt es dem erstmaligen Landen auf der Dominante und der Auflösung im Nachsatz sehr viel Gewicht.
Haydn nutzt die „statement-artige" Eigenschaft des Meyers aus und betont diese vollkommen. Hier ist es schwer, vom Rest abgesetzt und wirkt sehr thematisch. Nach den ersten zwei Takten folgt ohn Vorbereitung eine thematische Ausweichung zum Kontrast. Diese führt wiederum zurück auf eine Wiederholung des ersten Taktes. Von der Anfangsphrase erklingt jedoch nur die erste Hälfte. Anstelle einer exakten Wiederholung des zweiten Taktes variiert Haydn diesen und wendet die Musik in eine neue Richtung ohne diesmal einen Einschnitt zu machen. Auch später im Stück greift er auf diese Anfangsphrase zurück. Er kehrt mehrmals darauf zurück um das Stück einerseits zu entwickeln und um die Anfangsphrase aufzugreifen.
Zusammenfassung und Analyse von Samuel Cook